Theresa Luft

Es ist 3:27 Uhr, draußen Platzregen. Auf meinem Bildschirm flackern die Geister zweier Kinder aus einer längst vergessenen Zeit. Ob die Prinzen im Tower, Edward V und sein kleiner Bruder Richard of Shrewsbury in ihren letzten Momenten hofften, jemand würde sich Jahrhunderte später in einer Sommernacht an sie erinnern? Ahnten sie, dass die Geschichtsbücher womöglich mehr über sie preisgeben sollten, als sie selbst wussten? Malten sie sich jemals in ihren kühnsten Träumen aus,eines Tages wieder zum Leben erweckt zu werden? Sicher nicht. Für Videospiele war es wohl 500 Jahre zu früh. Sie hätten dieses digitale Gefüge erlernen müssen, wie ich es in dieser Zeit tue. Ich bin wie sie gefangen in einem Irrgarten aus Möglichkeiten. Ihre Geschichte zu erforschen, ihre Route zu rekonstruieren. Stein für Stein den Tower of London aufzubauen und wieder einzureißen. Nur allzu leicht verliert man sich in diesem Gemäuer. Wie auch in dieser Nacht.